1. Was ist Crowdfunding?
2. Wie funktioniert Crowdfunding?
3. Crowdfunding und Beteiligung
4. Von Engagement alleine lässt sich nicht leben
Einleitung
Spätestens seit der „Causa Heini Staudinger“[1] ist der Begriff „Crowdfunding“ und die dahinterstehende Idee auch in Österreich bei der breiten Masse angekommen. Bekannt wurde diese alternative Form der Ideen-Finanzierung unter anderem durch die US-Plattform Kickstarter (www.kickstarter.com), auf der Projekte wie Diaspora (das „Anti-Facebook“) oder die Pebble Smartwatch Erfolge feierten. In Europa war es vor allem der finnische Science-Fiction-Film Iron Sky, der das Thema vorantrieb.
Mittlerweile setzen immer mehr Kreative, Start-Ups und Non-Profit-Organisationen auf diese community-basierte Form der Projektfinanzierung. Auch im Zusammenhang mit politischem und zivilgesellschaftlichem Engagement spielt Crowdfunding eine immer größer werdende Rolle, da die UnterstützerInnen auf diese Weise direkt in ein Projekt miteingebunden werden. Welche Einsatzmöglichkeiten Crowdfunding bietet und welchen Herausforderungen man dabei möglicherweise gegenübersteht, soll dieser Beitrag erörtern.
1. Was ist Crowdfunding?
Crowdfunding ist eine Form des Crowdsourcings[2], bei der für künstlerische Projekte, Unternehmengründungen und Geschäftsideen, Sozialprojekte, NGO’s oder politische Zwecke Geld gesammelt wird. Die Online-Crowd, also die breite Masse der Internet-NutzerInnen, investiert dabei selbst, indem sie ein Projekt finanziell unterstützt und damit dessen Durchführung ermöglicht.
Laut dem Crowdfunding Industry Report 2012[3], der weltweit bisher umfangreichsten Crowdfunding-Studie, existieren vier unterschiedliche Formen von Crowdfunding:
- equity-based crowdfunding
- lending-based crowdfunding
- reward-based crowdfunding
- donation-based crowdfunding
Die Unterschiede beziehen sich dabei vor allem auf die Art der Gegenleistung, die UnterstützerInnen für ihre finanzielle Beteiligung an einem Projekt erhalten.[4]
Beim equity-basierten Modell (auch „Crowdinvesting“ genannt) werden etwa KleinanlegerInnen mit Erfolgsbeteiligungen angelockt, um in ein Start-Up oder eine Geschäftsidee zu investieren. Das lending-basierte Modell wiederum vermittelt Mikrokredite zwischen Privatpersonen, wobei sich die Gegenleistung in Form einer Rückzahlung auswirkt. Im Gegensatz dazu werden von den ProjektinhaberInnen beim reward-basierten Modell vor allem ideelle, aber auch materielle Prämien (Dankesnachrichten, DVD’s etc.) versprochen, um die Crowd zur Unterstützung zu motivieren. Beim donation-basierten Modell handelt es sich letztlich um die Sammlung von Spenden, wobei abgesehen vom guten Gefühl und einer Spendenquittung zumeist keine anderen Gegenleistungen angeboten werden.
2. Wie funktioniert Crowdfunding?
Üblicherweise präsentieren ProjektinhaberInnen ihre Ideen auf speziellen Web-Plattformen, die sich um eine ansprechende Präsentation, die technische und rechtliche Infrastruktur, den Finanztransfer und das UnterstützerInnen-Management kümmern. Bei erfolgreichen Projekten behalten die Plattformen für die Bereitstellung dieser Infrastruktur eine Provision zwischen 0 und 10 Prozent ein, in manchen Fällen sind hier sogar die Payment-Gebühren (also für Bezahl-Dienste wie PayPal etc.) inkludiert.
Grundsätzlich funktionieren die meisten Crowdfunding-Plattformen nach dem „Alles-oder-Nichts“ Prinzip. Das bedeutet, dass die ProjektinhaberInnen das Geld nur erhalten, wenn die angestrebte Zielsumme in der zuvor festgelegten Zeit erreicht wird. Eine Ausnahme von dieser Regel macht etwa die internationale Plattform IndieGoGo oder auch querk aus Österreich. Bei querk können ProjektinhaberInnen sogar entscheiden, ob sie lieber nach dem Alles-oder-Nichts oder dem Mehr-oder-Weniger-Prinzip crowdfunden.
In der folgenden Tabelle findet sich eine Übersicht an Crowdfunding-Plattformen:
EQUITY-BASED (for financial return) | LENDING-BASED (for financial return) | REWARD-BASED (for non-monetary rewards) | DONATION-BASED (for philantropy and sponsorship) |
GrowVC (INT)www.growvc.com | Kiva (INT)www.kiva.org | Kickstarter (INT)www.kickstarter.com | GlobalGiving (INT)www.globalgiving.org |
Innovatrs (INT)www.innovatrs.com | Zidisha (INT)www.zidisha.org | Indiegogo (INT)www.indiegogo.com | JustGiving (INT)www.justgiving.com |
Seedmatch (DE)www.seedmatch.de | Prosper (US)www.prosper.com | Rockethub (INT)www.rockethub.com | FirstGiving (INT)www.firstgiving.com |
Crowdcube (UK)www.crowdcube.com | Lending Club (US)www.lendingclub.com | Startnext (DE)www.startnext.de | Betterplace (DE)www.betterplace.org |
WeFund (UK)www.wefunder.com | Smava (DE)www.smava.de | Verkami (ESP)www.verkami.com | HelpDirect (DE)www.helpdirect.org |
WiSeed (FR)www.wiseed.fr | Zopa (UK)uk.zupa.com | Pozible (AUS)www.pozible.com | Respekt.net (AT)www.respekt.net |
Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass sich mit Hilfe von Plug-Ins oder Widgets wie IgnitionDeck (https://ignitiondeck.com) oder ChipIn (https://www.chipin.com) Crowdfunding-Funktionalitäten auch in bestehende Webseiten integrieren lassen bzw. man sich damit eigene Crowdfunding-Webseiten gestalten kann.
Am Beginn jeder Crowdfunding-Kampagne steht eine zumeist längere Vorbereitungsphase, in der vor allem die Projektbeschreibung und ein kurzes Projektvideo erstellt, sowie die Gegenleistungen definiert werden. Das Angebot an Gegenleistungen dient UnterstützerInnen zur Orientierung, in welcher Höhe sie einen finanziellen Beitrag leisten.
Sobald die Crowdfunding-Kampagne startet, geht es vor allem darum, über laufende und transparente Kommunikation auf diese aufmerksam zu machen und umfassend über das Projektvorhaben und die Entwicklungen bei der Umsetzung zu berichten. Üblicherweise geschieht dies durch einen Projektblog und diverse Social Media Kanäle.
3. Crowdfunding und Beteiligung
Über die Frage der Wirkung digitaler Beteiligung per Mausklick wird etwa im Zusammenhang mit Aktionen wie Kony 2012 immer wieder diskutiert. In ihrem Artikel „Slacktivism und Clicktivism – politische Beteiligung mit einem Klick?!“[5] setzen sich Joerg Eisfeld-Reschke und Leonie Geiger vom Institut für Kommunikation in Sozialen Medien mit den unterschiedlichen Beteiligungsformen in der digitalen Gesellschaft auseinander. Darin heißt es:
„Wenn politischer Aktivismus nur im Internet stattfindet, dann wird dies mit dem Begriff Clicktivism beschrieben. (…) Wenn dieser Wirkungsgrad über die Grenzen der digitalen in die analoge Welt hinausgeht, nennt man das Slacktivism. Der Begriff Slacktivism setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern «slacker» für «Faulenzer» und «activism» für «Aktivismus».“
In diesem Zusammenhang schwingt immer auch (berechtigte) Kritik mit, denn „um sich als Clicktivist zu engagieren, bedarf es zunächst keiner großen körperlichen oder geistigen Anstrengung.“[6]
Beim Crowdfunding wird jedoch aus der virtuellen Unterstützung plötzlich eine reale, nämlich dann, wenn aufgrund der finanziellen Hilfe ganz konkret Projekte umgesetzt werden können. Dieser Meinung ist auch „Data Scientist“ und Blogger Christian Prokopp. In seinem Artikel „Crowd Funding Activism: Put Your Money Where Your «Like’ Is»[7] beschreibt er es folgendermaßen:
„In the Internet age many people utilise technology to spread information, make themselves heard, organise demonstrations, or simply click like to show their support for a cause. The latter is sometimes belittled as the equivalent of a couch potato’s self-gratifying response to a pressing issue. It gives you a warm feeling but has no impact. (…) Unfortunately, a million likes won’t buy them equipment, pay for materials, or feed them when they spend months of their lives to change something which you, I and so many others agree should be changed. Until now, enter crowd funding.“
Dabei geht es nicht immer nur um die reine Finanzierung eines Projektes, „(…) sondern auch um den Aufbau einer Community, der Vernetzung und Kommunikation mit den Fans bzw. dem Publikum oder dem Testen einer Idee. Der Reiz besteht also neben dem finanziellen Aspekt darin, dass man bereits sehr früh mit den späteren „Kunden“ in Kontakt tritt und sich Feedback einholt, um sein „Produkt“ (etwa einen Film oder eine Idee für ein Startup) zu verbessern. Heutzutage schätzen es immer mehr Menschen, wenn sie in Entstehungsprozesse mit eingebunden werden und aktiv mitgestalten können.“[8]
4. Von Engagement alleine lässt sich nicht leben
Eine Idee hat man schnell, aber für Aktionismus und nachhaltiges Handeln braucht man Geld, auch wenn es „nur“ um den Aufbau einfacher Kommunikationsstrukturen geht.
Das bemerkten auch die Beteiligten der zivilgesellschaftlichen Initiative „IG Demokratie“ (www.ig-demokratie.at), deren Ziel eine größtmögliche Einbindung der Österreichischen Bevölkerung in einen angestrebten Demokratiereformprozess (Demokratiekonvent) ist – und starteten eine Crowdfunding-Kampagne. Über die Crowdfunding-Plattform Respekt.net[9] sammelte die Initiative bisher insgesamt 2.746,– Euro um administrative sowie kommunikative Tätigkeiten finanzieren zu können. Dazu zählt die Erstellung der Webseite www.ig-demokratie.at, die Betreuung diverser Social Media-Kanäle und die Organisation eines Barcamps[10], das im September in Linz stattfindet. Stefan Schartlmüller, einer der Initiatoren von IG Demokratie, beschreibt seine Erfahrungen mit Crowdfunding auf persönliche Nachfrage im März 2013 folgendermaßen:
„Crowdfunding hat mehrere Vorteile. Es finden sich nicht nur InvestorInnen, sondern ein breiterer Kreis an Menschen wird auf das Projekt aufmerksam. Für politische Projekte ist es aktuell gar nicht so einfach Mittel zu lukrieren, auch weil dies mehrere Initiativen gleichzeitig versuchen. Ein Grund mehr sich zu vernetzen!“
Auch wenn Crowdfunding keine einfache Sache ist, so zahlt es sich dennoch aus, wie Schartlmüller resümiert:
„Anfangs war es gar nicht so einfach, Aufmerksamkeit zu erzeugen, aber mit vermehrtem öffentlichem Auftritt wurde die Resonanz immer besser. Positiv hat sich auch der Projektendspurt ausgewirkt. Für die Finanzierung der nächsten Schritte werden wir jedenfalls weiter auf Crowdfunding setzen!“
Dieses Beispiel zeigt sehr gut, welches Potenzial in Crowdfunding gerade für zivilgesellschaftliche und politische Projekte steckt. Allerdings fehlt es noch an genügend Vorzeigebeispielen, damit auch andere ProjektinitiatorInnen sich ermutigt fühlen, „die Crowd“ direkt anzusprechen und um (finanzielle) Hilfe zu bitten. Eine Plattform, die das ändern möchte, ist reset.org. Sie vernetzt engagierte BürgerInnen und deren Ideen zu Themen wie Klimawandel, Frieden oder Neues Wirtschaften mit Menschen, die sich an ebensolchen Projekten beteiligen möchten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Möglichkeiten von Crowdfunding zwar bereits von einigen zivilgesellschaftlichen AkteurInnen erkannt wurden und zum Teil genutzt werden, wir allerdings im Bereich des politischen Aktivismus zumindest im deutschsprachigen Raum noch ganz am Anfang stehen. Insofern befinden wir uns in einer Experimentierphase, die dazu führen sollte, konkrete Erkenntnisse in weitere Schritte umzusetzen, damit sich Crowdfunding als fixer Bestandteil im Maßnahmen-Mix zivilgesellschaftlicher Initiativen etablieren kann. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg dahin.
[1] Als der Oberösterreicher von seiner Hausbank keinen Kredit mehr bekam, lieh er sich mit einer Art Crowdfunding Geld von seinen FreundInnen und KundInnen, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Staudinger (Letzter Aufruf: 15.3.2013)
[2] Traditionell internen gelagerte Teilaufgaben werden beispielsweise über das Internet an freiwillige User ausgelagert, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Crowdsourcing (Letzter Aufruf: 15.3.2013)
[3] Massolution (2012): Crowdfunding Industry Report – Market Trends, Composition and Crowdfunding Platforms.
[4] Gumpelmaier, Wolfgang (2013): Die 4 Arten von Crowdfunding (Infografik), https://www.ikosom.de/2013/04/08/die-vier-arten-von-crowdfunding-infografik (Letzter Aufruf: 31.5.2013)
[5] s. Eisfeld-Reschke, Jörg und Geiger, Leonie (2012): Slacktivism und Clicktivism – politische Beteiligung mit einem Klick?!, https://www.ikosom.de/2012/06/21/slacktivism-und-clicktivism-politische-beteiligung-mit-einem-klick/ (Letzter Aufruf: 31.5.2013)
[6] s. ebd.
[7] s. Prokopp, Dr. Christian (2013): Crowd Funding Activism: Put Your Money Where Your ‘Like’ Is, www.clickittefaq.com/technology/crowd-funding-activism-put-your-money-where-your-like-is/ (Letzter Aufruf: 31.5.2013)
[8] Kotrè, Nadine (2011): “Crowdfunding muss man eingebettet in eine Social-Media-Strategie sehen.”, blog.visionbakery.com/2011/11/crowdfunding-muss-man-eingebettet-in-eine-social-media-strategie-sehen/ (Letzter Aufruf: 31.5.2013)
[9] Respekt.NET: IG Demokratie /DemokratieReform, https://www.respekt.net/de/projekte-unterstuetzen/details/projekt/436/ (Letzter Aufruf: 31.5.2013)
[10] ParCamp Linz 2013: https://www.barcamp.at/ParCamp_Linz_2013 (Letzter Aufruf: 31.5.2013)
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